Alcopops bei Jugendlichen beliebter als Bier, Wein und Spirituosen - Konsum dramatisch angestiegen

(Pressemitteilung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung vom 19.01.2004)

In der letzten Zeit haben Berichte in den Medien über den gestiegenen Konsum von Alcopops bei Jugendlichen und Warnungen vor den sich daraus entwickelnden gesundheitlichen Problemen zugenommen. Aktuelle Repräsentativerhebungen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zu "Bekanntheit, Kauf und Konsum von Alcopops" in der Bevölkerung, die Ende 2003 durchgeführt wurden, bestätigen die dramatische Entwicklung im Alkoholkonsum bei Jugendlichen. Die erste Studie zu diesem Thema hat die BZgA 1998 durühgeführt. Die jetzt vorliegenden Ergebnisse sindümit der fünf Jahre üorher durchgeführten Untersuchung vergleichbar und aus diesem Grund besonders aussagekräftig.

Die Ergebnisse zeigen, dass im Vergleich zu 1998 im Jahr 2003 vier Mal so viel Alcopops in der Gesamtbevölkerung gekauft wurdün (12 Prozent gegenüber 3 Prozent). Bei den Käufern bis 29 Jahren hat sich das Kaufverhalten sogar fast versechsfacht (von 7 Prozent auf 40 Prozent). Mit der Kaufhäufigkeit steigt auch der Konsum. Tranken 1998 neun Prozent der 14- bis 29Jährigen mindestens einmal im Monat Alcopops, so sind es fünf Jahre später bereits 42 Prozent, bei den 14- bis 17-Jährigen liegt der Anteil sogar bei 48 Prozent.

Bei den Alcopops handelt es sich im Wesentlichen um Limonadengetränke, denen destillierter Alkohol (üpirituosen, Branntwein) zugefügt wird. Durch den hohen Zuckergehalt der Getränke wird der für Jugendliche häüufig unangenehme Alkoholgeschmack überdeckt. Mit den Alcopops nehmen sie so - häufig zunächst unbemerkt - größere Mengen Alkohol zu sich, wobei der Alkohol durch den hohen Zuckergehalt auch noch schneller vom Körper aufgenommen wird. Die körperliche und psychische Gewühnung an Alkohol kann somit viel früher erfolgen.

Mittlerweile sind in der Gruppe der 14- bis 17Jährigen Alcopops die beliebtesten alkoholischen Getränke und liegen vor Bier, Wein/Sekt und Spirituosen. Obwohl rund 80 Prozent der Minderjährigen selbst wissen, dass Bier/Weinmixgetränke nicht an Jugendliche unter 16 Jahren und Spirituosenmixgetränke nicht anüunter 18-Jährige abgegeben werden dürfen, hindert sie diese Kenntnis nicht am Alkoholkonsum. Bemerkenswert ist, dass mehr als die Hälfte (54 Prozent) der jungen Befragten angeben, eigentlich keine hoch prozentigen Alkoholika zu trinken. Über den Gebrauch von Alcopops konsumieren insgesamt 75 Prozent der Jugendlichen abür in hohem Maße doch Spirituosen. Der süßüe Geschmack der alkoholischen Mixgetränke überdeckt den Spirituosengeschmack und vermittelt den Eindruck eines Erfrischungsgetränkes.

Gerade bei minderjährigen Jugendlichen sind die alkoholischen Fruchtgetränke besonders beliebt. Kauften 37 Prozent der jungen Erwachsenen zwischen 18 bis 29 Jahren im letzten Monat Alcopops, so liegt der Anteil der Jugendlichen im Alter zwischen 14 bis 17 Jahren sogar noch höher, nämlich bei 39 Prüzent. Unterteilt man diese Gruppe noch einmal, so haben über die Hälfte (52 Prozent) der 16- bis 17-Jährigen Alcopops im letzten Monat gekauft, bei den 14- bis 15-Jährigen waren es 26 Prozent. Zwischen Jungen und Mädchen gibt es keine Unterschiede im Alcopops-Konsum.

"Vor dem Hintergrund, dass es gerade im Alter zwischen 16 und 17 Jahren häufig vorkommt, dass Jugendliche betrunken werden und sie besonders in diesem Alter mit dem Alkoholtrinken experimentieren stellen die Alcopops eine Gefährdung für junge Menschen dar", erklärt Dr. Elisabeth Pott, Direktorin der Bundeszentrüle füü gesundheitliche Aufklärung. "Die breite Verfügbarkeiü, der süße Fruchtgeschmack, der den Alkoholgehalt und -geschmack überdeckt und das positivü Image bei Jugendlichen müchen Alcopops bei immer mehr und vor allem immer jüngeren Jügendlichen zu einer süßen Verführung mit der Konsequenz, dass junge Menschen immer früher einen regelmäßigen Alkoholkonsum entwickeln."

Die BZgA (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung) weist im Rahmen ihrer Jugendkampagne "Bist Du stärker als Alkohol?" und in ihrem Internetangebot bereits seit längerem auf die Gefahren und Probleme im Zusammenhang mit dem Konsum von Alcopops hin.

www.drugcom.de - Hier informiert die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung Jugendliche über Alkohol, seine Wirkung und seine Gefahren. In den Monaten Februar und März werden speziell die Alcopops das Thema des Monats sein.

www.bist-du-staerker-als-alkohol.de - Die BZgA informiert hier ebenfalls rund um das Thema Alkohol. Mit der gleichnamigen Sommeraktion wird die Bundeszentrale auch in diesem Jahr wieder in deutschen und europäischen Ferienregionen vertreten sein und Jugendliche auf einen riskanten Alkoholkonsum ansprechen.

Unterrichtsmaterial für die Klassen 5 bis 10 zum Thema Alkohol steht beider BZgA zur Verfügung. Dabei liegt ein Schwerpunkt auf dem Thema Alcopops.

Das Suchtberatungstelefon der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ist von Montag - Donnerstag von 10.00 - 22.00 Uhr und von Freitag - Sonntag von 10.00 - 18.00 Uhr unter Tel: 0221 / 89 20 31 erreichbar.

Die Dokumentation "Bekanntheit, Kauf und Konsum von Alcopops 2003" kann über die BZgA bezogen werden.

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Arbeitslosigkeit ist für deutsche Männer die stärkste Sorge

Davor fürchten sie sich mehr als vor Krieg und Krankheit.
Offene Informationspolitik kann Angst der Mitarbeiter lindern.

Der Terrorismus lässt die Deutschen kalt. Ihre tiefsten Ängste lauern anderswo. Die meisten Menschen fürchten sich nicht etwa vor Anschlägen oder einem Krieg, sondern sorgen sich viel mehr in allererster Linie heute um ihren Arbeitsplatz. Mit 47 Prozent hat fast jeder zweite Angst, seinen Job zu verlieren, ergab eine Umfrage des Hamburger Gewis-Instituts. Damit hat die Furcht vor Arbeitslosigkeit die vor Krankheit (39 Prozent) in der Ängste-Rangliste jetzt von Platz eins verdrängt.

Die Meinungsforscher befragten 1.204 Männer im Alter zwischen 20 und 50 Jahren. Psychologen gehen davon aus, dass die Furcht um den Job unter Männern besonders verbreitet ist. Viele Männer haben das alte Rollenverständnis als Ernährer der Familie. "In wirtschaftlich schlechten Zeiten verstärkt sich unter Männern die Angst vor dem Versagen am Arbeitsplatz", erklärt Heinz Schuler, Professor für Arbeitspsychologie an der Universität Hohenheim. "Arbeitslosigkeit bedeutet schließlich immer einen enormen Prestige-Verlust."

Hinter der Angst vor Arbeitslosigkeit und der Furcht vor Krankheit rangiert auf Platz drei der Top-Ängste auch gleich ein weiteres Arbeits-Thema: 32 Prozent der befragten Männer äußerten die Sorge vor einem Karriere-Knick. Erst danach folgt die Angst vor Impotenz (25 Prozent) oder dem Verlust des Partners (24 Prozent). Abgeschlagen auch die Furcht vor Krieg (23 Prozent), Armut (21 Prozent) und Haarausfall (16 Prozent). Experten sehen die Ursache für die große Furcht vor Arbeitslosigkeit und einem Karriereknick in der verbreiteten Ansicht, dass jeder seinen Erfolg im Job selbst beeinflussen könne. "Auf Krieg oder Krankheiten glauben die Menschen keinen Einfluss zu haben, sehr wohl aber darauf, ob sie ihren Job behalten", erläutert Heinz Grüne, Psychologe des Kölner Instituts Rheingold. Ein Scheitern am Arbeitsplatz gilt daher vielen als "ein Verlust an persönlicher Potenz."

Entsprechend übermächtig ist die Angst vor dem Versagen. Die Furcht vieler Menschen ist diffus und nicht mal abhängig von den jeweiligen persönlichen Erfahrungen am eigenen Arbeitsplatz, meinen Experten. Als Auslöser genügt oft schon die Allgegenwart der Arbeitslosigkeit in der öffentlichen Diskussion. Dennoch ist die Angst besonders belastend, obwohl oder gerade weil viele Menschen gar keinen konkreten Grund dafür nennen können. "Die Arbeit nimmt im Leben vieler Menschen einen immens großen Platz ein, und so sind sie bei diesem Thema auch besonders anfällig für Ängste", erklärt Udo Konradt, Psychologie-Professor an der Universität Kiel.

Die Auswirkungen zeigen sich bereits in einem ungewöhnlich niedrigen Krankenstand in deutschen Unternehmen. Im ersten Halbjahr des Jahres betrug die Fehlquote laut Bundesgesundheitsministerium nur noch 3,66 Prozent. Ganze 70 Prozent der Arbeitnehmer schleppen sich aus Sorge um den Job selbst dann ins Büro, wenn sie sich richtig krank fühlen, ergab eine Umfrage des wissenschaftlichen Instituts der Allgemeinen Ortskrankenkassen. Zwar senkt die Angst nicht die Qualität der Arbeit einzelner Beschäftigter. "Natürlich versuchen sich alle stärker als sonst vor dem Chef zu profilieren und ihre Konkurrenten auszuschalten, um nicht zu den Verlierern zu gehören", warnt Psychologe Konradt, "und darunter leidet die Produktivität der Arbeit – zum Schaden der Unternehmen."

Doch wenn die eigene Absicherung wichtiger wird als die Unternehmensziele – offen zugeben mag das niemand – , wird es für den Betrieb heikel. Hinzu kommt: Die Botschaft, "Für Ihren Job finde ich sofort 50 Neue", halten Chefs nicht hinterm Berg, sondern bügeln damit gleich sämtliche Mitarbeiterforderungen ab. Ausgesprochen oder nicht. Weil es gerade so gut funktioniert. Langfrist-Denke? Unnötig.

Experten raten, dass Arbeitgeber die Angst der Mitarbeiter lindern sollten. Etwa mit offensiver Informationspolitik. "Wenn die Angestellten genau wissen, wie es um die Firma steht, können sie mit ihren Sorgen besser umgehen", so Konradt. "Ungewissheit dagegen verstärkt die Angst ins Unermessliche." Dann leidet auch das Firmenimage: Wenn die Mitarbeiter ihrem Unternehmen nicht mehr trauen, dringt diese Haltung auch nach draußen – zu Kunden, Geschäftspartnern und Lieferanten.

Psychologe Schuler meint, Ehrlichkeit könne gegenüber den Angestellten selbst bei Entlassungen helfen. "Man sollte bei den Betroffenen dennoch Zuversicht wecken, etwa mit dem Versprechen: Sobald es wieder aufwärts geht, stellen wir Sie wieder ein." Rechtlich ist das kein Problem. Doch selbst wenn sich die Konjunktur dreht, wird die Angst vor Jobverlust in den Köpfen bleiben. Keiner kann heute mehr glauben, einen Job fürs Leben zu haben. "Diese Erkenntnis wird die Mehrheit der Deutschen noch lange traumatisieren", meint Psychologe Grüne.

(Wirtschaftswoche vom 4.1.2003)

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Psychische Erkrankungen mindern den Unternehmenserfolg

Ratgeber für kleine und mittlere Unternehmen zeigt Wege zur Vorbeugung.

Der Erfolg eines Unternehmens hängt direkt mit der psychischen Gesundheit seiner Mitarbeiter zusammen. Arbeitsunfähigkeit durch psychische Erkrankungen führte im Jahr 2001 in Deutschland zu einem Produktionsausfall von fast 3 Milliarden Euro, Tendenz steigend. Psychische Erkrankungen sind mittlerweile die vierthäufigste Ursache für Fehlzeiten in deutschen Unternehmen. Grund genug für die Bertelsmann Stiftung, die Berufsgenossenschaft Druck und Papierverarbeitung dabei zu unterstützen einen Ratgeber für Unternehmen zu erarbeiten. Das Buch "Psychische Gesundheit - ein Baustein des erfolgreichen Unternehmens" richtet sich auch an kleine und mittlere Unternehmen. "Der Fokus liegt auf Maßnahmen im Betrieb, die dazu beitragen, die Gesundheit der Mitarbeiter zu erhalten", betont Detlef Hollmann von der Bertelsmann Stiftung.

Der Ratgeber weist auf Ressourcen hin, die ohne großen Aufwand genutzt werden können. Dies können größere Autonomie und Spielräume für die einzelnen Mitarbeiter aber auch "Zwischenmenschliches" wie Gespräche sein. Wichtig sei es, den Mitarbeitern die Bedeutung ihrer Arbeit zu verdeutlichen und Zusammenhänge aufzuzeigen. Langeweile und Monotonie sollten vermieden werden, zum Beispiel durch "Mischarbeitsplätze". Ebenso sollten die Mitarbeiter die Möglichkeit erhalten, dazuzulernen und ihre eigenen Kompetenzen auszubauen.

Weitere Erkrankungen, die die Fehlzeiten in den Betrieben erhöhen, betreffen den Bewegungsapparat, die Atemwege, Herz und Kreislauf sowie die Verdauungsorgane. Um das Thema betriebliche Gesundheitspolitik umfassend zu beleuchten und Wege zur Prävention aufzuzeigen, haben die Bertelsmann Stiftung und die Hans-Böckler-Stiftung eine Expertenkommission ins Leben gerufen. Zu der 2001 gegründeten Kommission gehören Vertreter der Politik, der Gewerkschaften, der Krankenkassen, der Berufsgenossenschaften, der Verbände, der Wissenschaft und der Wirtschaft. Im April präsentiert die Expertenkommission ihren Bericht zur "Zukunft einer zeitgemäßen betrieblichen Gesundheitspolitik".

Bertelsmann Stiftung (Gütersloh, 2.3.2004)


Über die Bertelsmann Stiftung

Die Bertelsmann Stiftung versteht sich als Förderin des Wandels für eine zukunftsfähige Gesellschaft. Sie will Reformen in den Bereichen Bildung, Wirtschaft und Soziales, Gesundheit sowie Internationale Verständigung voranbringen. Die 1977 von Reinhard Mohn gegründete, gemeinnützige Einrichtung hält die Mehrheit der Kapitalanteile der Bertelsmann AG. In ihrer Projektarbeit ist die Stiftung unabhängig vom Unternehmen und parteipolitisch neutral.

Rückfragen:
Detlef Hollmann
Tel: 052 41 / 808 98 31

Das Buch "Psychische Gesundheit - ein Baustein des erfolgreichen Unternehmens" können Sie per E-mail kostenlos unter medien@bgdp.de anfordern.

Weitere Informationen unter www.bgdp.de

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Bündnis gegen Depression in Hamburg-Harburg gestartet

Das größte Projekt gegen die Depression in der Geschichte des deutschen Gesundheitswesens hat jetzt auch einen Stützpunkt in Hamburg: Im Harburger Rathaus hat sich am 5. Februar 2004 das "Harburger Bündnis gegen Depression" gegründet.

Mit einer Auftaktveranstaltung formierte sich hier eine Allianz, die es bisher gegen die Krankheit noch nicht gab: Mediziner, Psychotherapeuten, Selbsthilfegruppen, Gesundheitsamt, Beratungsstellen, psychosoziale Einrichtungen, Arbeitsrehabilitation und Apotheker ziehen an einem Strang - das AK Harburg mit seiner Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie gehört zu den Organisatoren des neuen Netzwerks. Schirmherrin und Schirmherr sind die NDR-Moderatorin Bettina Tietjen und der Präsident der Hochschule für Musik und Theater, Prof. Dr. Hermann Rauhe.

Die Depression sei die psychische Erkrankung mit dem höchsten Suizidrisiko und gehöre zu den am meisten unterschätzten Krankheiten, sagt Dr. Hans-Peter Unger, Leitender Arzt der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie im AK Harburg. Er hat das Bündnis initiiert: "Die Depression ist eine der großen Volkskrankheiten wie Diabetes und Bluthochdruck. Sie sollte nicht mit üblichen Stimmungstiefs oder Traurigkeit verwechselt werden - ein depressiv Erkrankter erfährt eine grundlegende Veränderung seines Erlebens. Er entwickelt Angst, Schuldgefühle, Grübelzwang, innere Unruhe und Konzentrationsstörungen. Die Unfähigkeit zur Freude bis hin zu lebensmüden Gedanken verbinden sich mit körperlichen Symptomen wie Schlafstörungen, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust und schneller Erschöpfbarkeit. Gerade in unserer hochentwickelten Technologie- und Kommunikationsgesellschaft stellt die Depression so etwas wie den "Arbeitsunfall der Moderne" dar. Auch die Altersdepression nimmt zu. Dagegen wollen wir gemeinsam etwas tun. Depressionen können jeden treffen, und sie sind behandelbar."

90 Prozent der Patienten wären mit Psychotherapie und medikamentöser Therapie erfolgreich zu behandeln, so Dr. Unger. Bisher suche aber nur ein Drittel der Betroffenen medizinische Hilfe. Daher vergehe oft wertvolle Zeit, bevor ein depressiv Erkrankter angemessen behandelt werden könne. Das Bündnis arbeite auf vier Ebenen: Aufklärung der Öffentlichkeit, Kooperation mit Haus- und Fachärzten, Zusammenarbeit mit Multiplikatoren wie Lehrern, Pastoren oder Betriebsräten, Angebote für die Betroffenen und Angehörigen.

Prof. Heinz Lohmann, Vorstandssprecher des LBK Hamburg, lobte auf der Auftaktveranstaltung das Engagement Beteiligten des Harburger Bündnisse und insbesondere den persönlichen Einsatz von Dr. Unger und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im AK Harburg: "Eine Depression kann wirklich jeden treffen, selbst Psychiatrieexperten. Leider wird sie allzu oft trotz aufwändigster somatischer Untersuchungsverfahren nicht erkannt oder fälschlicherweise bagatellisiert - auch von den Betroffenen und ihrem Umfeld." Sehr wichtig sei es, so Lohmann, dass diese Erkrankung und die davon Betroffenen endlich entstigmatisiert würden: "Oft lese ich in Biographien, dass auch sehr erfolgreiche Personen Krisen mit Ängsten und Depressionen durchleben. Leider ist das meist nur zwischen den Zeilen zu erfahren, dabei könnte ein offener Umgang mit diesem Thema vielen Betroffenen helfen, ihr eigenes Leiden zu erkennen und mit professioneller Hilfe zu bewältigen."

20.000 Flyer mit Selbsttest und Hinweisen auf Hilfsangebote, 500 Plakate, Videokassetten etc. stehen zur Verteilung an Arztpraxen, Apotheken, Beratungsstellen und öffentlichen Einrichtungen in Harburg zur Verfügung. Ein Veranstaltungsprogramm für die nächsten Monate wird ebenfalls vorgestellt, alles zum Thema Depression. Nach entsprechender Schulung durch Mitarbeiter der LMU München haben sich kleine Teams gebildet, die jetzt an Schulen, Altenheimen und in Betrieben über die Erkrankung Depression und rasche Behandlungsmöglichkeiten aufklären wollen.

Zu diesem Zweck hat sich das Harburger Bündnis gegen Depression e.V. gegründet.

Gründungsmitglieder sind:

  • Allgemeines Krankenhaus Harburg
  • APONOVA-Servicecenter der Apotheken im LBK Hamburg
  • Der Hafen-VpH Harburg e.V.
  • Elbe Werkstätten GmbH
  • Ev. luth. Kirchenkreis Harburg
  • Gesundheitsamt Harburg
  • Hamburger Fachdienst
  • Paritätischer Wohlfahrtsverband LV Hamburg
  • Selbsthilfegruppe für psychisch Kranke Harburg
  • Haus- und Fachärzte

Anfang Mai 2003 erfolgte das offizielle Startsignal zur bundesweiten Ausweitung des erfolgreichen "Nürnberger Bündnisses gegen Depression". Das Modell ist eines der wichtigsten Teilprojekte des Kompetenznetzes "Depression, Suizidalität". Ziele des Projekts sind die Verbesserung der Diagnose und Versorgung depressiv erkrankter Menschen und die Senkung der Anzahl von Suiziden und Suizidversuchen. Zum Arbeitskonzept gehören Fortbildungen für Ärzte, Psychologen, Pfarrer, Beratungsstellen und Gesundheitsämter sowie eine breite Öffentlichkeitsarbeit und Selbsthilfe-Initiativen für Betroffene und Angehörige.

Erste Ergebnisse des seit 2001 arbeitenden "Nürnberger Bündnisses gegen Depression" zeigen einen positiven Trend: die wissenschaftliche Auswertung konnte zeigen, dass das öffentliche Bewusstsein bezüglich des Themas Depression anstieg und suizidale Handlungen signifikant zurückgegangen sind. Das Kompetenznetz Depression, Suizidalität gehört zu den bisher 14 Kompetenznetzen in der Medizin, die das Bundesministerium für Bildung und Forschung seit 1999 fördert. Die Netze widmen sich jeweils einem spezifischen Krankheitsbild mit besonderer gesundheitspolitischer Bedeutung. Ziel ist es auch, die Kooperation und den Wissenstransfer zwischen den Forschungseinrichtungen und den verschiedenen Ebenen der Patientenversorgung zu verbessern.

Allein in Deutschland leidet jede zwanzigste Person nach wissenschaftlichen Untersuchungen an einer behandlungsbedürftigen Depression, das sind insgesamt rund vier Millionen Menschen. Depressive Erkrankungen werden immer noch viel zu häufig als "Psychoprobleme" bagatellisiert oder aus Angst vor Stigmatisierung verschwiegen, sagt Dr. Unger. Weil meist vielfältigste körperliche Beschwerden hinzukämen, sei häufig der Hausarzt der erste, der die Anzeichen der Depression erkennen könne: "Da ein Mensch mit einer neu auftretenden Depression zunächst keine Erklärung für das hat, was sich in ihm verändert, spielt gerade der Hausarzt in der Frühdiagnostik der Depression eine entscheidende Rolle." 90 Prozent der Patienten wären mit Psychotherapie und medikamentöser Therapie erfolgreich zu behandeln, sagt Dr. Unger.

Deshalb strebt auch das "CareWerk Depressionsprojekt" der AKH-Apotheke eine enge Vernetzung zwischen Hausärzten, Psychiatern, Apothekern und Klinik an. Eine adäquate Behandlung der Depression lindert nicht nur bei Betroffenen und Angehörigen großes Leid, sondern ist auch volkswirtschaftlich von enormer Bedeutung: Vor allem unter 20- bis 40-Jährigen nimmt die Arbeitsunfähigkeit wegen Depressionen beständig zu. Als Folge depressiver Erkrankungen wurden beispielsweise in Deutschland innerhalb eines Jahres elf Millionen Ausfalltage registriert und 10.629 Frühberentungen ausgesprochen.

(Ärzte Zeitung vom 9.2.2004 - Pressemitteilung LBK Hamburg vom 6.2.2004)

www.buendnis-depression.de

Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie im AK Harburg - Leitender Arzt:
Dr. Hans-Peter Unger
Eißendorfer Pferdeweg 52
21075 Hamburg
Tel: 040 / 79 21 - 32 54
Fax: 040 / 79 21 - 39 96

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5.5 Millionen Euro für die Erforschung psychischer Störungen

An der Universität Heidelberg wurde zum 1. Januar 2004 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft der Sonderforschungsbereich 636 "Lernen, Gedächtnis und Plastizität des Gehirns: Implikationen für die Psychopathologie" neu eingerichtet. Die insgesamt 5.5 Millionen Euro Forschungsgelder wurden federführend vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit eingeworben, das die Sprecherin der Forschungsinitiative
(Prof. Dr. Herta Flor) und 12 der 16 Teilprojekte stellt.

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft folgte mit ihrer Entscheidung den Empfehlungen eines internationalen Gutachtergremiums, das sich zur Evaluation des Antrags im September 2003 in Mannheim getroffen hatte. Der neu eingerichtete Sonderforschungsbereich führt die Tradition von bereits zwei vorangegangen erfolgreichen und äußerst fruchtbaren Sonderforschungsbereichen am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit fort.

Die Bewilligung durch die DFG gilt bis Ende 2007 (erste Förderperiode) und kann in Abhängigkeit von den Ergebnissen für weitere 8 Jahre fortgesetzt werden. Das Programm der Sonderforschungsbereiche dient dazu, exzellente Forschung zu ermöglichen, in welcher führende Wissenschaftler fächer- und institutsübergreifend kooperieren. Ein solches "Exzellenzzentrum" ist nun der neugegründete SFB 636, welchem neben dem Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim auch die Fakultät für Klinische Medizin Mannheim der Universität Heidelberg, die medizinische Fakultät der Universität Heidelberg, das Deutsche Krebsforschungszentrum und das Max-Planck-Institut für Medizinische Forschung in Heidelberg angegliedert sind. Gerade in Zeiten einer angespannten Finanzlage der öffentlichen Haushalte stellen die Drittmittel-Einnahmen einen bedeutenden Faktor dar. Hierbei werden auch über 20 Stellen für Wissenschaftler und nichtwissenschaftliches Personal neu geschaffen.

(Pressemitteilung Zentralinstitut für Seelische Gesundheit - Mannheim, 1.3.2004)

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Psychotherapie beansprucht wichtigere Rolle

BERLIN (eb). Die Vereinigung der Kassenpsychotherapeuten und der Deutsche Psychotherapeutenverband (DPTV) haben gefordert, die Psychotherapie stärker in Modellen der Integrierten Versorgung einzubeziehen.

"Nur so ist eine ganzheitliche Betrachtung des Patienten möglich", betonten übereinstimmend
Dr. Hans Nadolny, Präsident des DPTV, und Hans-Jochen Weidhaas, Bundesvorsitzender der Vereinigung der Kassenpsychotherapeuten in einer Podiumsdiskussion beim 5. Deutschen Psychotherapeutentag in Berlin.

Kritik äußerte Nadolny an den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Kassen. Sie versuchten zu verhindern, daß Psychotherapeuten für die Prävention, für die psychotherapeutische Begleitung chronisch Kranker, für Patienten in der Rehabilitation oder für Menschen in besonderen Krisenlagen (zum Beispiel Tumorpatienten) zur Verfügung stehen können, so Nadolny.

Gemeinsam mit seinem Kollegen Hans-Jochen Weidhaas, forderte Nadolny eine Überweisungs- und Einweisungsbefugnis für Psychotherapeuten und die Zulassung weiterer Verfahren wie die Gesprächs- und die Neuropsychologie für Kassenpatienten.

Bei Fragen eines angemessenen Honorars würden die Psychotherapeuten von den KVen immer noch an die Wand gespielt, sagte Weidhaas. "Doch wir jammern nicht, wir klagen." Erst vor zwei Wochen hatten die Psychotherapeuten im Streit um ein angemessenes Honorar vor dem Bundessozialgericht in Kassel Recht bekommen.

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Sozialsysteme im Vergleich

Das Bundessozialministerium hat die Publikation "Sozialkompass Europa" neu aufgelegt. Das Buch stellt die Systeme der sozialen Sicherung in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union einander gegenüber. Anhand von Tabellen werden sowohl Unterschiede als auch Übereinstimmungen der jeweiligen nationalen Sicherungssysteme sichtbar. Behandelt werden unter anderem Themenbereiche aus den Bereichen Arbeitslosigkeit, Krankheit , Alter, Familien und Mitbestimmung. Die Druckfassung der Broschüre ist kostenlos und als CD-ROM kostenfrei erhältlich.

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Mitglieder des Wissenschaftlichen Beirates Psychotherapie berufen

BERLIN. Die Bundespsychotherapeutenkammer und die Bundesärztekammer (BÄK) haben die Mitglieder und Stellvertreter der zweiten Amtsperiode des Wissenschaftlichen Beirats Psychotherapie nach dem Psychotherapeutengesetz berufen. Das hat die BÄK am 23. Januar bekannt gegeben.

Der Beirat ist paritätisch aus sechs ärztlichen Vertretern (aus den Bereichen "Psychiatrie und Psychotherapie", "Psychosomatische Medizin und Psychotherapie" sowie "Kinder- und Jugendlichenpsychiatrie und -psychotherapie") und sechs Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten zusammengesetzt.

Zu den Aufgaben des Beirates gehören die wissenschaftliche Beurteilung psychotherapeutischer Verfahren und die gutachterliche Beratung der Länderbehörden insbesondere bei der Anerkennung von Ausbildungsinstituten für Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, hieß es aus der BÄK. (hil)

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Sechs Thesen zur Forderung eines Zusammenschlusses der Psychotherapeutenkammern von Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein zu einer gemeinsamen "Psychotherapeutenkammer Nord"

1.
Psychotherapeutenkammern sind in erster Linie Regelungs- und Aufsichtsorgane. Sie reglementieren und beaufsichtigen die Berufsausübung der PPs und der KiJus über verschiedene Mechanismen wie Berufsordnung, Fort- und Weiterbildungsordnung, Qualitätssicherungsmaßnahmen usw.

2.
Finanziert werden die Psychotherapeutenkammern ausschließlich durch die Beiträge der Pflichtmitglieder. Das einzelne Pflichtmitglied wird die o.g. Aufgaben der Kammern nur begrenzt als dem eigenen Nutzen dienend wahrnehmen, muss sie aber fi nanzieren. Eher wird die Pflichtmitgliedschaft in der Kammer als Begleiterscheinung der Anerkennung als Heilberuf in Kauf genommen.

3.
Von praktischem Nutzen für das einzelne Pflichtmitglied können aber die Aktivitäten der Kammern sein, die auf die Stabilisierung und den Ausbau der Verankerung von PPs und KiJus im Gesundheitswesen gerichtet sind. Dies wird umso besser gelingen, je geschlossener und kompetenter die PsychotherapeutInnen auftreten. Das Auftreten in Landesgrenzen behindert dieses Ziel eher. Das weiß im Prinzip jeder, weshalb es für die wirklich wichtigen Inhalte längst Bundesarbeitsgruppen (und mittlerweile auch eine Bundespsychotherapeutenkammer) gibt. Hierzu braucht es die Landespsychotherapeutenkammern nicht unmittelbar.

4.
Für die Wahrnehmung der Reglementierungs- und Aufsichtsaufgaben ist vor dem Hintergrund der Pflichtmitgliedschaft ein besonderes Augenmerk auf ein angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis für das einzelne Mitglied zu richten. In mitgliederschwachen Landespsychotherapeutenkammern ist dieses Verhältnis schief und wird zunehmend schiefer. Ein Beispiel: In Schleswig-Holstein zahlt ein Pflichtmitglied mit 430 Euro Kammerbeitrag knapp doppelt so viel wie ein Pflichtmitglied in Niedersachsen für dieselbe Leistung. In diesem Bundesland ist der Beitrag zudem sozial nicht gestaffelt, d.h. die halbtags beschäftigte alleinerziehende Mutter zahlt genauso viel wie der Universitätsprofessor.

5.
Die Kosten werden in den nächsten Jahren für die Pflichtmitglieder insbesondere in den kleinen Bundesländern weiter steigen. Nochmal Schleswig-Holstein: Obwohl die Kammerversammlung hier für 2004 die Entschädigungen für die Kammerfunktionäre deutlich reduziert hat und damit einer alten DGVT-Forderung nachgekommen ist, konnte der hohe Mitgliedsbeitrag weder reduziert, noch konnte eine sozial verträgliche Staffelung eingeführt werden. Auf die Entwicklungen im Jahr 2005 darf man gespannt sein.

6.
Der einzige Weg zu einer dauerhaft stabilen und vernünftigen Kosten-Nutzen-Relation für die Pflichtmitglieder besteht im Zusammenschluss von mehreren, insbesondere der kleineren Landespsychotherapeutenkammern. Ein solcher Zusammenschluss kann ohne Nachteile für das einzelne Pflichtmitglied gestaltet werden. Auch Serviceleistungen können ab einer gewissen Kammergröße effizienter angeboten und landesspezifischen Besonderheiten könnte in entsprechenden Arbeitsgruppen hinreichend Rechnung getragen werden.

Insgesamt haben die Psychotherapeutenkammern Bremens, Hamburgs, Niedersachsens und Schleswig-Holsteins derzeit ca. 5.400 Pflichtmitglieder. Zum Vergleich: Nordrhein-Westfalen hat ca. 6.700 Pflichtmitglieder. Die Kammer-Aufgaben in NRW werden von 65 gewählten Vertretern, einem Vorstand und einer Geschäftsstelle mit einem hauptamtlichen Geschäftsführer geleistet. Die 5.400 Mitglieder im Norden leisten sich hingegen (oder müssen sich vielmehr leisten): 3 Delegiertenversammlungen mit insgesamt 86 Delegierten, eine Delegierten-Vollversammlung (Bremen), vier Vorstände und vier Geschäftsstellen mit jeweils entsprechendem Personal. Hinzu kommen je Wahlperiode 3 jeweils landesweit organisierte Briefwahlen (à 50.000-100.000).

Deshalb die Forderung:

Zusammenschluss der Psychotherapeutenkammern von Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein zu einer gemeinsamen "Psychotherapeutenkammer Nord"

Wenn es für einen solchen Zusammenschluss einen politischen Willen gibt, kann auch ein Weg gefunden werden. Die ostdeutschen Bundesländer (außer Berlin) machen uns vor wie das geht, denn diese sind gerade dabei, sich zu einer gemeinsamen Ostdeutschen Psychotherapeuten-kammer zusammen zu schließen.

Ein solcher Zusammenschluss:

  • erlaubt niedrige und sozial ausgewogene Mitgliedsbeiträge für alle KollegInnen
  • erhöht die Akzeptanz der Kammer bei den Pflichtmitgliedern
  • stärkt unseren Berufsstand durch Verhinderung von "Kleinstaaterei" und
  • bringt neben verbesserter Effektivität auch höhere Effizienz.

Wenn Sie diese Forderung unterstützen und an der politischen Willensbildung für einen solchen Zusammenschluss mitwirken wollen, dann werfen Sie bitte beiliegende Antwortkarte bis zum 31. März 2004 ausgefüllt und unterschrieben in den nächsten Briefkasten.

Wenn Sie KollegInnen kennen, die diese Aktion ebenfalls unterstützen wollen, von uns aber über den Verteiler nicht erreicht wurden, können Sie weitere Antwortpostkarten anfordern bei:

DGVT-Geschäftsstelle
Tel: 07071 / 94 34-13
E-maill: dgvt@dgvt.de

Alle Antwortkarten werden von uns gesammelt und den Vorständen der vier Länderkammern auf den dem o.g. Datum folgenden Kammerversammlungen übergeben.

Deutsche Gesellschaft für Verhaltenstherapie Tübingen e.V. www.dgvt.de

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